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Mein Vater
Vortrag über Väter, die als Soldaten in der Wehrmacht dienten
Essen, 13.06.2025. „Mein Vater“ lautet der Titel eines Vortrags- und Diskussionsabends mit der Haarzopfer Pfarrerin Elisabeth Müller, zu der die Evangelische Kirche in Essen am Dienstag, 17. Juni, um 19 Uhr in die Marktkirche, Markt 2/Porschekanzel, einlädt. Im Mittelpunkt steht das Schicksal von Vätern, die während des Zweiten Weltkriegs als Soldaten in der Wehrmacht dienten – und die Spuren, die ihre oftmals traumatischen Erlebnisse in ihren Familien, bei Kindern und Enkelkindern, hinterließen. Die Moderation übernimmt Marktkirchenpfarrer Jan Vicari.
LEBEN DES VATERS WURDE ZERSTÖRT
„Es waren ungefähr zehn Monate, vom April 1944 bis Januar 1945, die das Leben meines Vaters nachhaltig und massiv veränderten – wenn nicht gar zerstörten“ – das weiß Elisabeth Müller heute, nach einer intensiven Recherche. Karl-Heinz Müller, geboren 1925, war noch sehr jung, als er sich freiwillig für den Dienst in der Wehrmacht meldete. Als Mitglied einer Eliteeinheit von Fallschirmjägern wurde er in Italien eingesetzt und soll dort in Kriegsverbrechen verwickelt gewesen sein – Taten, die er mitansehen musste oder die er sogar gemeinsam mit Kameraden beging: Raub, Plünderungen, Vergewaltigungen, Mord.
FOLGEN PRÄGTEN DIE FAMILIE
Die Folgen prägten nicht nur ihn, machten ihn später nahezu unfähig für soziale Kontakte, sondern auch das Familienleben: Ihr Vater sei unberechenbar und gewalttätig gewesen, habe übermäßig getrunken und am Ende nichts Lebendiges um sich geduldet, erinnert sich Elisabeth Müller. Ein Suizidversuch scheiterte. „Er war Opfer und Täter zugleich.“
Mit ihrem Vortrag in der Marktkirche will die Theologin den Angehörigen ihrer und kommender Generationen Mut machen, sich auch jetzt, nach so vielen Jahren, mit dem Schicksal von Vätern und Großvätern auseinanderzusetzen, die im Zweiten Weltkrieg Soldaten wurden. „Ich glaube, dass vieles an dieser Geschichte typisch ist für meine Generation“, sagt die Pfarrerin.
WIE VERLIEF DIE RECHERCHE?
In der Marktkirche will sie deshalb auch ganz praktisch erzählen, in welchen Archiven Nachforschungen möglich sind, wie die Quellenlage in ihrem Fall aussah und wer ihr bei der Spurensuche geholfen hat. – Der Vortrags- und Diskussionsabend ist Teil einer Reihe von kirchlichen Veranstaltungen zum 80. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 1945; der Eintritt ist frei.
